Unternehmen - Historie

Die Bürgerwindpark Hohenlohe GmbH betreibt insgesamt 23 Bürgerwindenergieanlagen im Nordosten Baden-Württembergs und Bayern. Einige Windparks befinden sich noch in der Entwicklung / Genehmigung. Mit dem Bürgerwindpark Weißbach wurden erstmalig mit der Genehmigung im September 2015 umfangreiche Vermeidungsmaßnahmen für die windkraftempfindliche Vogelart Rotmilan definiert, welche aus Abschaltung bei Feldbearbeitung und Ablenkflächen bestehen. Ziel der Betreiber war es, von Anfang an diese Maßnahmen zu optimieren, um Abschaltungen für den Rotmilan nur bei tatsächlicher Gefahr umzusetzen. Dabei erscheinen technische Detektionssysteme als sinnvollste Maßnahmen. Zudem wurden in Entwicklung befindliche Projekte durch zunehmende Artenschutzanforderungen immer wieder zurückgeworfen oder gar unmöglich gemacht.

Aus diesem Grund hat sich die Bürgerwindpark Hohenlohe GmbH bereits im Jahr 2017 nach bestehenden Detektionssystemen erkundigt und mit Anbietern von Bildverarbeitungssystemen Gespräche geführt. Es hat sich gezeigt, dass aus Sicht der Bürgerwindpark Hohenlohe GmbH in Deutschland / Baden-Württemberg sehr hohe Anforderungen an derartige Systeme gestellt werden, welche auf dem Markt noch nicht vorhanden sind.

Somit wurde der Beschluss gefasst, ein eigenes System mit dem Namen BirdVision® zu entwickeln. Mit dem Wissenschaftler Herrn Dr. Michal Lewandowski wurde ein idealer Partner für das Projekt gefunden. Im März 2018 konnten so die ersten Kameras im Bürgerwindpark Weißbach installiert werden und erste Erfahrungen gesammelt werden.

Seit August 2018 wurde das erste Deep-Learning-Netzwerk im Praxisbetrieb eingesetzt und fortlaufend verbessert.

Zur Brutperiode 2019 konnten mehrere Entwicklungskooperationen geschlossen werden und Erfahrungen mit BirdVision® auch an anderen Standorten gesammelt werden. Vier Gutachterbüros haben in der Brutperiode 2020 BirdVision® bewertet.

Im September 2019 wurde ein Förderbescheid aus dem 7. Energieforschungsprogramms des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur Weiterentwicklung von BirdVision® erteilt. Die Förderung konnte zum Jahresende 2022 abgeschlossen werden. Während der Förderdauer wurden die einzelnen Arbeitspakete verschiedener Themenschwerpunkte bearbeitet.

  • Die geförderte Weiterentwicklung ermöglichte weitere Erfahrungen im Verhalten von fliegenden Tieren (Vögel und Fledermäuse) an Windenergieanlagen, deren systematische, wissenschaftliche Auswertung neue Erkenntnisse für die Kollisionshäufigkeit von fliegenden Tieren mit Windenergieanlagen erbrachte.
  • Auch das Verhalten von Fledermäusen konnte mittels bildgebender Detektion von nachtfliegenden Tieren untersucht werden.
  • Zudem wurden die derzeitigen Grenzen der industriellen Bildverarbeitung für den Anwendungsfall der Detektion von weit entfernten, kleinen fliegenden Objekten ausgelotet und ausgereizt, um die derzeit geltende technisch-wirtschaftliche Grenze der Detektionsreichweite zu ermitteln.
  • Als erreichtes Nebenergebnis bei der Entwicklung des freistehenden Monitoringsystems konnte mangels verfügbarer Alternativen am Markt, ein eigenes witterungsbeständiges Kameraschutzgehäuse entwickelt werden.
  • Des Weiteren konnte eine Klassifikation nach Vogelgrößen implementiert werden.

Im Januar 2020 wurde der erste Genehmigungsantrag für BirdVision® im Bürgerwindpark Weißbach bei der zuständigen Genehmigungsbehörde eingereicht. Nachdem die teilautonome Genehmigung für BirdVision® im vergangenen Jahr positiv beschieden wurde, hat das Landratsamt Hohenlohe nun eine autonome Betriebsgenehmigung erteilt. Im Jahr 2023 wird der Abschaltbetrieb durch ein begleitendes Monitoring betreut. Der Bürgerwindpark Hohenlohe plant, das KI-basierte System ab 2024 dem Markt zur Verfügung zu stellen.

BirdVision® profitiert von Förderung

Seit Anfang 2018 entwickelt die Bürgerwindpark Hohenlohe GmbH ein Kamerasystem zur Erfassung und Schutz von windkraftempfindlichen Vogelarten an Windenergieanlagen basierend auf einem neuronalen Deep-Learning Netzwerk als Teil der KI sowie einem intelligenten Tracking. Das System mit dem Namen „BirdVision®“ befindet sich derzeit an acht Windenergieanlagen in Betrieb und wird intensiv von Biologen gemonitort.
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„Aufgrund des an uns herangetragenen Bedarfs weitergehender Anforderungen an BirdVision® unabhängig von der derzeit im Test befindlichen Basisversion haben wir uns entschieden, einen Förderantrag im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramms an das Ministerium für Wirtschaft und Energie zu stellen,“ erläutert Geschäftsführer Markus Pubantz. „Insbesondere die Aufnahme weiterer Vogelarten in unsere Datenbank, die Bereitstellung eines freistehenden Systems sowie die Detektion von Fledermäusen sind wiederkehrende Forderungen aus der Branche, um Artenschutz und Windenergie zu vereinen sowie die emotional geführte Debatte zu diesem Thema zu versachlichen“. „Anfang Oktober 2019 ist der Förderbescheid bei uns eingetroffen. Bis zum 31.12.2021 heißt es nun entwickeln, weiterentwickeln und testen“, ergänzt Benjamin Friedle, ebenfalls Geschäftsführer der Bürgerwindpark Hohenlohe GmbH. „Wir hoffen nun, dass der Ausbau der Windenergie durch unsere künftigen Entwicklungen einen Schwung im Bereich der Bewertung und Berücksichtigung des Artenschutzes erleben wird“, so Friedle weiter.

Die geförderte Weiterentwicklung wurde dabei in sechs Themenschwerpunkte unterteilt:

  • Arbeitspaket 1: Klassifikation deutschlandweit vorkommender Vogelarten

Trotz unterschiedlicher Ansatzpunkte sowie der Verwendung von hochleistungsfähigen Grafikkarten aus dem Arbeitspaket 2, konnten bei der Klassifikation mehrerer unterschiedlicher (kleiner) Objekte, keine prozesssicheren Ergebnisse erzielt werden.

  • Arbeitspaket 2: Rechtzeitige Erfassung schnell fliegender windkraftempfindlicher Vogelarten

Durch die Optimierung der Kamerahardware konnte die Reichweite für windkraftempfindliche Vögel deutlich erhöht werden, um schnell fliegende windkraftempfindliche Vogelarten rechtzeitig zu erkennen. Auch die Untersuchungsgenauigkeit der Software konnte optimiert werden.

  • Arbeitspaket 3: Weitergehende Reduktion von Fehlauslösungen zur Schonung der Anlagentechnologie und zur Ertragsoptimierung

Der Stereoansatz in Verbindung mit dem 3-D-Tracking zeigt sich als erfolgreiches Ergebnis zur Reduktion von Fehlauslösern, sowie zur Ertragsoptimierung und Schonung der Anlagentechnologie.

Eine Vogelerkennung ist nun in einem Radius bis zu ca. 500 m um die Windenergieanlage möglich. Durch den 3-D-Trackingansatz konnten mit der Ausfilterung von zu nahen und zu fernen Objekten die Fehlauslöser auf einen kleinen Umfang minimiert werden.

  • Arbeitspaket 4: Ausgabe eines Flugbildes mit Geokoordinaten und freistehendes Monitoring- und Schutzsystem

Innerhalb der geförderten Weiterentwicklung von BirdVision® konnte eine kameraübergreifende Betrachtungsweise des Vogelflugverhaltens an Windenergieanlagen entwickelt werden. Die Ergebnisse werden in der Folge als Panoramabild dargestellt. Einzelne Flüge können so im 3-D-Raum ausgegeben und weiterverarbeitet werden. Eine Abschaltung der Windenergieanlage erfolgt Kameraübergreifend ohne Verluste von Schnittmengen im Überlappbereich.

Durch die Entwicklung des freistehenden Monitoring- und Schutzsystems steht der Prototyp einer autarken „Vogeldetektionseinheit“ zur Verfügung, der künftig weiter optimiert werden kann.

  • Arbeitspaket 5: Detektion von nächtlichen fliegenden Tieren wie Zugvögel und Fledermäuse
  • In diesem Arbeitspaket wurde erfolgreich eine Technologie entwickelt, die eine bildgebende Detektion von nächtlich fliegenden Tieren an Windenergieanlagen ermöglicht. Der Schwerpunkt wurde dabei auf Fledermäuse gelegt. Die am Markt verfügbaren Technologien ermöglichen nur eine geringe Erfassungsreichweite bei kleinen Öffnungswinkeln. Die Technologie kann künftig weiter optimiert werden.
  • Arbeitspaket 6: Prozessoptimierung der Verarbeitungshardware

Neuartige Technologien und Entwicklungen in der Bildverarbeitung konnten aufgegriffen und teilweise umgesetzt werden, um bessere Verarbeitungs- und Übertragungsleistungen zu realisieren.